Der Salzburger Menschenrechts-Bericht 2023 ist da!

Gemeinsam mit unseren Mitgliedern dokumentieren wir alljährlich die Situation der Menschenrechte im Bundesland Salzburg. Im Fokus stehen dabei besonders verletzliche Gruppen und menschenrechtsrelevante, gesellschaftspolitische Themen, die im Laufe des Berichtjahres in den Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit gerückt sind.

Salzburger Menschenrechts-Bericht 2023 zum Download

Dieses Jahr unter anderem folgende Themen behandelt:

Schutzräume für unbegleitete Kinderflüchtlinge werden von Land und Bund nicht ausreichend finanziert

Um traumatisierende Erlebnisse verarbeiten zu können, brauchen Kinder individuelle Betreuung, besonderen Schutz und Fürsorge. Insbesondere, wenn sie alleine und ohne Eltern vor Krieg und Terror geflüchtet sind. Damit unbegleitete Kinderflüchtlinge ihre Traumata überwinden und Schritt für Schritt in eine gut integrierte und selbstbestimmte Zukunft gehen können, brauchen sie Zeit und eine individuelle Betreuung durch professionelles Betreuungspersonal. Dazu müssen sie, wie alle anderen Kinder in Fremdunterbringung gemäß dem österreichischen Betreuungsstandards, in die Kinder- und Jugendhilfe aufgenommen werden. „Es ist ihr Recht und unsere Pflicht, ihnen kindgerechte Hilfe und Unterstützung zu geben, ganz egal, wo sie geboren wurden.“, fordert Meline Mazinjan, Leiterin des Clearing-house. Da Flüchtlingskinder in Österreich aber nicht mit anderen Kindern in Österreich gleichgestellt sind, finanzieren Land und Bund die notwendigen Schutzräume nicht ausreichend. Das führt langfristig zu Schließungen entsprechender Einrichtungen. Kinder und Jugendliche müssen dadurch länger in Erstaufnahmezentren des Bundes bleiben und Kinderrechte werden somit missachtet. „Das SOS-Kinderdorf setzt sich für die Gleichbehandlung aller Kinder und Jugendlichen unabhängig ihrer Herkunft ein.“, so Mazinjan, und: „Im SOS-Kinderdorf Clearing-house erhalten geflüchtete Kinder passgenaue Betreuung und bedarfsgerechte Unterbringung gemäß den hohen Standards von SOS-Kinderdorf.“ Um das zu bewerkstelligen, muss ein hoher 6-stelliger Betrag aus Spendengeldern investiert werden. „Denn ein Kind ist ein Kind, egal woher es kommt!“, meint Meline Mazinjan.

Wie ein brodelnder Kochtopf

„Wozu Kinderrechte? Da wird sich eh nicht dran gehalten“, wird ein Salzburger Oberstufenschüler von Franziska Kinskofer zitiert. Sie hat sich die Situation an den Salzburger Schulen näher angesehen. Denn: Am Ende des Schuljahres 2022/23 wies eine Direktorin in Flachgau per Elternbrief darauf hin, auf die „angemessene Kleidung bei den Mädchen“ zu achten. Dieser Brief wirft nicht nur menschenrechtliche Fragen auf, sondern steht auch symbolisch für tieferliegende Probleme im Schulsystem. Kinskofer hat beobachtet, dass junge Menschen zunehmend belastet sind. Das liegt an Leistungsdruck, Einsamkeit und weiteren psychischen Herausforderungen wie Ängsten und Ärger. All das wird durch Auswirkungen der Pandemie, Kriege und Umweltprobleme verstärkt und prägt den Schulalltag. „Schülerinnen und Schüler finden sich in einem brodelnden Kochtopf wieder, der ein Ventil sucht.“, sagt Franziska Kinskofer. Besonders Mädchen sehen sich dabei vermehrt mit Body Shaming und Sexualisierung konfrontiert, was zu Ängsten und Essstörungen führt und das Schulklima belastet. Die strukturellen Probleme im Schulsystem wie Überforderung, Personalmangel und fehlende Ressourcen, erfordern dringende Reformen im Sinne aller Beteiligten. Ohne diese Reformen schwindet das Vertrauen junger Menschen in staatliche Institutionen. Die grundlegenden Reformen müssen dabei genau jene, die dem System erst seine Daseinsberechtigung verleihen, als kompetente Partner einbeziehen: die Kinder selbst. Die aktuellen Beteiligungsmöglichkeiten für junge Menschen sind nicht nur aus menschen- und kinderrechtlicher, sondern auch aus entwicklungspsychologischer Sicht verheerend. „Es ist grundlegend, dass Kinder und Jugendliche sich einbringen und beteiligen können,“, sagt Kinskofer, die auch ein Radioprojekt mit Schülerinnen umgesetzt hat. „Ankündigen reichten nicht aus und zerstören den Glauben an die Zukunft.“ Gemeinsam können starke und zukunftsfähige Bildungssysteme entwickelt werden, die Schutz vor (struktureller) Gewalt gewährleisten und jungen Menschen den Raum bieten können, um zu wachsen.

Die Gesundung der Seele braucht Zeit und Raum

Die Psychotherapeutin Hildegard Schreckeis vom Verein Hiketides greift den besonderen Schutz auf, den Menschen mit Flucht und Vertreibungserfahrung brauchen, um Traumata verarbeiten und sich integrieren zu können. „Nur in einer Umgebung von Sicherheit und Würde kann Stabilisierung und Zukunftsorientierung gelingen.“, mahnt Schreckeis ein, „Psychotherapie zwischen Putzkammerl und Stiegenhaus ist nicht zielführend.“ Vereine wie Hiketides, die ein psychotherapeutisches Angebot für Menschen mit Migrations- und Fluchterfahrung stellen, benötigen finanzielle Ressourcen, die unabhängig von Wahlen und Förderverträgen eine längerfristige und professionelle Begleitung ermöglichen. „Unsere therapeutische Arbeit leistet einen Beitrag zu Integration, Gewaltprävention und einem Diskurs der unteilbaren Menschenrechte.“, erinnert Schreckeis. Um unabhängig von Ehrenamt und Spenden zu werden, braucht es ausreichende finanzielle Ressourcen für die psychotherapeutische Versorgung, auch im Land Salzburg. Bei der Absicherung können langfristige Förderverträge, die längere Therapieprozesse ermöglichen, helfen. In Politik und Gesellschaft braucht es eine Haltung und Sprache des Respekts – allen Menschen gegenüber.

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